Warum qualitative Interviews?

Think positive! Argue positively!

„Ich mache was mit Interviews, weil ich keinen Bock auf Statistik habe.“ Solche oder ähnliche Begründungen hören wir häufiger. Das ist schade, da diese Argumentation gar nicht die Stärken einer qualitativen Analyse aufgreift.

Gleichzeitig steckt darin vielfach der Fehlschluss qualitative Methoden seien der einfachere Weg. Teilweise ist das leider eher umgekehrt. Interviews vorbereiten, vereinbaren, durchführen, abtippen … Man kann getrost ein Vielfaches der eigentlichen Interviewdauer als Arbeitszeit einkalkulieren. Es ist also ein Haufen Arbeit.

Aber warum dann diese Mühe auf sich nehmen? Wir liefern hier drei positive Killerargumente, warum qualitative Methoden im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie eine gute Idee sind. Ganz bewusst verzichten wir hier auf die übliche Gegenüberstellung quali vs. quanti, sondern formulieren ganz bewusst ausschließlich positive Auswahlkritierien.

Ich kann vielschichtige Bedeutungen und Sichtweisen berücksichtigen

Menschen interagieren sehr unterschiedlich und nutzen dabei vielfältige Handlungsstrategien und vielschichtige Bedeutungsmuster. Diese liegen aber in der Regel nicht reflektiert und wohlformuliert vor, sondern lassen sich zunächst nur aus Handlungen, Sichtweisen und Sprechweisen ableiten. Befragte Menschen werden vermutlich erst einmal ausholen, überlegen, Hintergründe erläutern, selbst nach Erklärungen suchen. Gerade durch den narrativen Stil qualitativer Interviewführung erfährt man nicht nur, wie Menschen bestimmte Themen bewerten, sondern auch, wie sie zu diesen Bewertungen kommen, welche Widersprüche darin vielleicht enthalten sind und welche Themen möglicherweise damit verknüpft sind.

Ich kann Neues erkunden

Wenn es zu einem Thema noch nicht viel Vorwissen gibt und weder Theorien noch Modelle oder Fachbegriffe zur Verfügung stehen, dann muss man sich erst einmal ein Bild machen und explorieren. Ein wesentliches Merkmal der qualitativen Vorgehensweise ist die Offenheit für Neues.  Diese ist hilfreich, um Hypothesen und Theorien zu entwickeln und so ein (neues) begriffliches Instrumentarium für aufzubauen.  Zudem wird verborgene Normativität vermieden, indem die Antworten außerhalb der eigenen Vorerwartung bewusst zugelassen und gefördert werden.

Ich erhalte Kontext und Konsistenz

Eine offene Gesprächsführung („Erzähl doch mal …“) lädt das Gegenüber dazu ein, auszuholen. Zudem ist es in einem offenen Gespräch üblich, verschiene Elemente in einer stringenten Erzählung miteinander zu verknüpfen. Über diesen Weg gelangt man zu vielen Details und Hintergrundinformationen. Diese wiederum gewählen einen sehr breiten Einblick in die Lebenswelt und ermöglichen eine  Einordnung der Aussagen. Lücken oder Widersprüche können thematisiert werden. Somit ist eine sehr präzise Rekonstruktion der individuellen Sichtweisen möglich, inklusive aller Widersprüche und Diffusitäten.

Weitere gute Argumente findet man z.B. in: Kuckartz et al. „Qualitative Evaluation“, VS Verlag ab Seite 66.

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