Dokumentarische Methode – Vorschlag zur Nutzung von QDA-Software.

Ein vereinfachtes Beispiel, umgesetzt mit f4analyse.

Einleitung

Wir zeigen hier beispielhaft die technische Umsetzung der Auswertungsschritte nach der Dokumentarischen Methode mit f4analyse. Natürlich ist dieses Beispiel inhaltlich stark vereinfacht abgebildet, um einen schnellen und plastischen Überblick zu ermöglichen. Es ersetzt keine eigene Auseinandersetzung mit der Methode. Dafür empfehlen wir bspw. die Ausführungen von Frank Kleemann, Uwe Krähnke und Ingo Matuschek in: „Interpretative Sozialforschung. Eine Einführung in die Praxis des Interpretierens“ (2013). Dort findet man auch eine kompakte Einführung in Forschungsprogramm, Grundbegriffe und methodische Vorgehensweise der dokumentarischen Methode. Für einen tiefergehenden Einblick in die Methode empfehlen wir die Quellen auf der letzten Seite durchzuarbeiten:

Schritte der Analyse

  1. Selektion von Daten und Sequenzierung
    Hier hilft das Codesystem zur Sequenzierung und Bildung thematischer Überschriften.
  2. Formulierende Interpretation
    Auch für diese Aufgabe kann das Codesystem benutzt werden. Feininterpretationen können in Memos festgehalten werden.
  3. Reflektierende Interpretation
    Die Reflektierende Interpretation kann direkt an den entsprechenden Textstellen in einem Memo festgehalten werden.
  4. Fallbeschreibung
    Die Fallbeschreibung wird im Textkommentar festgehalten.
  5. Fallvergleich und Typologie
    Das Hinzufügen/Importieren weiterer Texte zum Projekt ermöglicht weitere Fallbeschreibungen und einen späteren Vergleich. Für den abschließenden Bericht können alle Ergebnisse als RTF-Dateien für eine weitere Bearbeitung, in z.B. Word, exportiert werden.

1. Selektion von Daten und Sequenzierung

So haben wir es in f4analyse umgesetzt:

  • Zunächst erstellen wir einen neuen Text und fügen hierzu die passende Audiodatei hinzu. (Stiftsymbol hinter dem Text). Und genau, es gibt noch keinen Textinhalt!
  • Für die spätere thematische Strukturierung erstellen wir einen Hauptcode mit dem Fallnamen. (In unserem Beispiel Textname: Gruppe 1 / Codename: Segmentierung Gruppe 1)
  • Mit der Taste F4 (Start/Stopp) hören wir das Interview an.
  • Bei einem Themenwechsel schreiben wir das Wort „bis“ und setzen dahinter eine Zeitmarke mit der Taste F8.
  • Diese Zeitmarke kodieren wir mit einem neuen Code, den wir als Subcode erstellen und dabei als Name das Thema des gesprochenen Abschnittes eintragen.
  • Nach Durchhören des ganzen Interviews wählen wir die für die Analyse relevanten Passagen aus. Als optische Markierung färben wir den Code der ausgewählten Passage in einer anderen Farbe.
  • Die relevante/n Passage/n transkribieren wir direkt in f4analyse durch Anhören, Drücken der Taste F4 (Start/Stop der Wiedergabe) und tippen.

Abbildung 1: Strukturierung der Segmente durch

Zuordnung zu Codes. Der gelb codierte Abschnitt ist als relevant für die Analyse ausgewählt und transkribiert worden.

2. Formulierende Interpretation

So haben wir es in f4analyse umgesetzt:

  • Wir lesen das erste zu analysierende Segment aufmerksam durch und identifizieren Themen (über was wird gesprochen).
  • Die Formulierende Interpretation wird im Namen eines neuen Subcodes zum Code der Sequenz festgehalten. Zur besseren Übersicht nutzen wir unterschiedliche Farben für jeden weiteren Subcode. (Hierzu ist es sinnvoll in den Einstellungen von f4analyse die „Einfügeposition neuer Codes“ auf „unten“ zu stellen)
  • Die entsprechende Textstelle wird dem passenden Subcode zugeordnet.
  • Im Codebaum lassen sich nun in sequenzieller Reihenfolge alle formulierenden Interpretationen ablesen.
  • In einem Memo zu jeder Passage halten wir anschließend die formulierende Feininterpretation fest. Hierzu markieren wir die Passage, klicken auf Memo und tippen hier die Feininterpretation hinein.

Abbildung 2: Formulierende Interpretation durch sequenzielles Vergeben von Codes

3. Reflektierende Interpretation

So haben wir es in f4analyse umgesetzt:

  • Jede Passage, die wir zuvor in der formulierenden Interpretation codiert haben, lesen wir jetzt durch, um eine reflektierende Interpretation vorzunehmen.
  • Die Ergebnisse der reflektierenden Interpretation ergänzen wir im Memo zum jeweiligen Segment.

Abbildung 3: Reflektierende Interpretation in einem Memo

4. Fallbeschreibung

So haben wir es in f4analyse umgesetzt:

  • Wir lesen nochmals alle reflektierenden Interpretationen des Interviews durch und fassen diese in einer Fallbeschreibung im darunter stehenden Kommentarfeld zusammen.

Abbildung 4: Text mit reflektierender Interpretation und Fallbeschreibung im Kommentar darunter.

5. Export für Fallvergleich und Typologie

So haben wir es in f4analyse umgesetzt:

  • Wie oben beschrieben bearbeiten wir weitere Sequenzen und Fälle.
  • Für jeden neuen Fall legen wir hierzu einen neuen Hauptcode an. Oberthemen und formulierende Interpretationen des Interviews fassen wir dann wieder in Subcodes.
  • Über die Funktion „Exportieren“ in der Menüleiste wählen wir den Eintrag „Memos und Kommentare…“ und exportieren alle Textabschnitte, Themen, Interpretationen und Fallbeschreibungen als RTF-Datei. Diese Datei kann anschließend weiterbearbeitet werden, z.B. mit Word.
  • Im Abschnitt „Textkommentare“ des Dokuments finden wir die Auflistung sämtlicher Fallbeschreibungen. Der darauffolgende Abschnitt „Memos“ enthält alle reflektierenden Interpretationen mit den dazugehörigen Belegstellen.
  • Für die Darstellung des thematischen Verlaufs der Fälle nutzen wir den Export „Codes und Codierungen“.

Abbildung 5: Export der Fallzusammenfassung in Word

Literatur

Bohnsack, Ralf (2007): Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in qualitative Methoden. UTB, Stuttgart. 8., durchges. Aufl.

Bohnsack, Ralf; Nentwig-Gesemann, Iris & Nohl, Arnd-Michael (Hrsg.) (2013): Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. Grundlagen qualitativer Sozialforschung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. 3. Aufl.

Kleemann, Frank et al. (2013): Dokumentarische Methode. In: Kleemann, Frank, Krähnke, Uwe & Matuschek, Ingo (Hrsg.): Interpretative Sozialforschung. Eine Einführung in die Praxis des Interpretierens. VS Verlag für Sozialwissenschaften. 2. Aufl., S. 153-195.

Nohl, Arnd-Michael (2012): Interview und dokumentarische Methode. Anleitungen für die Forschungspraxis. VS Verlag für Sozialwissenschaften. 4. Aufl.

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