Vortragsskript “KI in der qualitativen Forschung: Beschleunigung, Methodeninnovation, Transformation”
Wie künstliche Intelligenz qualitative Forschungsprozesse transformiert – Chancen, Risiken und methodische Lösungsansätze
Ein Skript des Vortrages von Dr. Thorsten Dresing vom 17.10.2025
Die Integration von Large Language Models in die qualitative Forschung löst widersprüchliche Reaktionen aus: Faszination über technische Möglichkeiten trifft auf Sorge vor methodischer Erosion. Während automatische Transkription sich als zuverlässiges Werkzeug etabliert hat, steht die KI-gestützte Datenauswertung vor fundamentalen Herausforderungen. Aktuelle Studien zeigen beunruhigende Entwicklungen: Über 90% der Studierenden nutzen bereits KI-Tools, oft ohne kritische Reflexion. Parallel dazu belegen neurowissenschaftliche Untersuchungen, dass KI-unterstütztes Schreiben kaum Gehirnaktivität auslöst und keine Erinnerung an Inhalte hinterlässt. Noch gravierender: Selbst hochspezialisierte Experten verlieren innerhalb von drei Monaten über 20% ihrer Deutungskompetenz, wenn sie auf KI-Assistenz angewiesen sind.
Doch es gibt methodische Lösungsansätze, die Agency und wissenschaftliche Standards wahren können. Sechs innovative Verfahren – vom Hybriden Interpretieren über Query-Based Analysis bis zum Serendipity Prompting – zeigen Wege auf, wie KI die qualitative Forschung bereichern kann, ohne sie zu ersetzen. Diese Ansätze betonen die aktive Rolle der Forschenden, fordern kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Material und nutzen KI als multiperspektivischen Sparringpartner statt als automatisierten Lösungslieferanten. Entscheidend ist dabei (wie schon zuvor) das Prinzip: Nicht die Technologie bestimmt die Methode, sondern methodische Anforderungen bestimmen den Technologieeinsatz. Obgleich diese Technik vermutlich wirkmächtiger ist und das Ringen für/um (gute) Methodologie entscheidender und anspruchsvoller zu sein scheint.
Die Transformation ist bereits im Gang und lässt sich nicht mehr aufhalten. Ob sie zu einer Erosion oder zu einer Bereicherung qualitativer Forschungskompetenz führt, hängt davon ab, ob wir diese Entwicklung aktiv mitgestalten oder passiv geschehen lassen. Das Webinar-Skript bietet eine fundierte Orientierung in diesem dynamischen Feld – von technischen Grundlagen über empirische Befunde bis zu konkreten Handlungsempfehlungen für Forschung, Lehre und wissenschaftliche Praxis.
