qualitative Inhaltsanalyse – Checkliste der methodischen Entscheidungen

qualitative Inhaltsanalyse Checkliste abarbeiten

Das Label “qualitative Inhaltsanalyse” umfasst sehr viele Varianten und Ausprägungen. Wie kann ich denn dann mein methodisches Vorgehen möglichst gut beschreiben? Eine Option ist natürlich stets, sich nach etablierten Verfahrensvorschlägen zu richten. Man arbeitet dann “nach Autor:in XY”  das ist prinzipiell okay. Darüber hinaus gibt es jedoch, wie schon in anderen Artikeln, z.B. hier) angedeutet, viel präzisere und souveränere Arten, die “eigene” qualitative Inhaltsanalyse zu beschreiben. Dazu gehört, die vielen kleinen methodischen Entscheidungen anzuführen, die bei so einer Analyse getroffen werden.

Da ich mir selbst die Arbeit gern einfach mache, habe ich – ausgehend von einem Artikel von Margrit Schreier auf FQS – eine kleine Übersicht über mögliche methodische Entscheidungen erstellt, natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Allen, denen dieser Zugang im Sinne eines “Werkzeugkasten” liegt kann darüber hinaus Margrit Schreiers “Qualitative Content Analysis in Practice” empfehlen.

Ziel der Auswertung und geplante Art der Ergebnisdarstellung

Bezugspunkt für alle weiteren Fragen ist natürlich die Untersuchungsfrage. Also: Was muss ich aus dem Feld bzw. aus dem Material erfahren um meine Forschungsfrage beantworten zu können? Hieraus leitet sich schon vor der Analyse ab, welche Art der Ergebnisbericht aufgebaut sein wird.

  • Benötige ich Fallbeschreibungen, um konkrete Verläufe und Deutungsmuster zu beschreiben?
  • Oder vielleicht eher inhaltlich-semantische Zusammenfassungen um größere Materialmengen beschreiben zu können?
  • Oder benötige ich einen Überblick über Zusammenhänge von verschiedenen Themen?
  • Oder interessieren mich Antwortmuster und ich muss ggf. Typen bilden?

Auswahl des Materials

All is data” ist ein berüchtigtes Glaser-Zitat, aber welche Daten sollen bzw. müssen den berücksichtigt werden? Und selbst wenn feststeht, dass ich Interviews verwende ist nicht klar. Daher sollte man argumentativ nicht stehen bleiben bei “Ich mache Interviews”.

Und wo kommt mein Material her:

  • Welches Material ist geeignet meine Untersuchungsfrage zu beantworten. Benötige ich Bildmaterial, Textmaterial, Beobachtungen, Interviews?
  • Wenn Interviews: Wie kann ich diese so gestalten dass die interessanten Themen zum Vorschein kommen.
  • Wie komme ich an das Material, welche Interviewpartner:innen sind denn geeignet und wie wähle ich diese aus?
  • Kann ich Kriterien nennen wie viel Material ich benötige?  Oder zumindest Kriterien, wann ich merke, dass ich genug material gesammelt habe?

Natürlich eng damit verbunden ist die Frage, was mich am Material eigentlich interessiert:

  • semantisch inhaltliche Nennungen,
  • Argumentationsmuster
  • Erzählverlauf, Dramaturgie
  • Wortwahl, sprachliche Besonderheiten
  • Verknüpfung von Themen

Erstellung des Kategoriensystems

Wie komme ich zu meinem Kategoriensystem? Sicher eine der Kernfragen in der Qualitativen Inhaltsanalyse. In der Regel werden Hauptkategorien aus der Untersuchungsfrage abgeleitet. (Aber selbst das ist nicht in Stein gemeißelt.) Die folgenden Fragen können für jede Hauptkategorie unterschiedlich und separat beantwortet werden.

Wie komme ich zu meinen Kategorien?

  • Habe ich Konzepte, die ich vorab heranziehen kann? (A-Priori, theoretisch festgelegte Kategorien)
  • Wo möchte Kategorien am Material bilden.

Wenn ich Kategorien am Material bilde kann ich verschiedene Strategien hier wählen:

  • Ich fasse die Textstellen (schrittweise) zusammen?
  • Ich sortiere die Textstellen direkt nach ähnlichen Aussagen zusammen (Subsumtion)
  • Ich nutze zunächst offenes Kodieren wie in der Grounded Theory üblich, schreibe also Memos zu den Textstellen und suche dann nach ähnlichen Konzepten in den Antworten.
  • Ich bilde Kontrastierend Kategorien, suche also immer zwei möglichst gegensätzliche Textstellen und bilde aus deren Gemeinsamkeit eine Kategorie?

Zusammenhängend mit dem vorherigen Punkt stellt sich noch die Frage, was ich eigentlich in die Kategorien sortieren möchte:

  • Ich konzentriere mich auf semantische Inhalte allgemein, also das “was gesagt wird”?
  • Ich interessiere mich für Handlungen bzw. Handlungsbeschreibungen?
  • Ich interessiere mich für Emotionen, Bewertungen?
  • Ich möchte Abstufungen von Ausprägungen?

Wenn ich dann Codiert habe geht es darum, das Codesystem zu testen. Das kann auf zwei Arten verstanden werden. Ich kann testen, ob sich das Codesystem am übrigen Material sinnvoll anwenden lässt und ich kann prüfen, ob mein Codesystem denn an sich sinnvoll und logisch aufgebaut ist.

  • Als eigener Arbeitsschritt, oder iterativer Wechsel zwischen Codieren und Prüfen?
  • Ich führe keine Probecodierung durch, weil ich gleich das gesamte Material einbeziehe?
  • Ich mache das alleine, mit Codierbesprechung mit Anderen, ich Berechne einen Koeffizienten ( wenn ja welchen?), beides
  • Probecodierung mit wie viel einem Bruchteil des Materials?

Und schließlich muss man sich Gedanken über die Unterteilung in Sinneinheiten machen. Also woher weiß man eigentlich, wie viel Text beim Codieren markiert wird?

  • Wie definiere ich Kodiereinheiten, vorab, oder während des Codierens?
  • Welche Definitionen nutze ich für Kodiereinheiten (was wird markiert), einzelne Wörter, Sätze, Absätze, semantische Einheiten, gesamter Text…

 

Grundgedanke: Vom Ergebnis her denken.

Das war es. Man muss diese Liste sicher nicht abarbeiten, sondern kann sie sicher auch auszugsweise, als Gedankenstütze oder Ideengeber nutzen. Die gundlegende Idee dahinter ist, mir möglichst früh Gedanken zu machen, wie denn das Ergebnis ausschauen könnte. Manche Fragen muss man hierbei ganz pragmatisch beantworten: Wenn ich alleine Arbeite, dann habe vielleicht nicht den Luxus einer Interpretationsgruppe. Dennoch Wie auch immer die Entscheidung ausfällt, solange man etwas dazu schreibt bleibt das Vorgehen transparent, nachvollziehbar und diskutierbar. Und ist damit deutlich aussagekräftiger als ein “Ich arbeite nach XY“.

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