Gruppengespräche aufnehmen

Eine Gruppendiskussion zu transkribieren, ist sehr zeitaufwendig und durchaus nervenaufreibend. Gerade bei der Transkription von Gruppengesprächen bedarf es einer guten Konzentration. Der Geräuschpegel in der Aufnahme ist oft höher und die Gespräche werden meist turbulenter geführt als in einem „beschaulichen“ Zweiergespräch.

Zur Verdeutlichung: Für die Transkription eines Gesprächs von zwei Personen kalkulieren wir eine Transkriptionsdauer von 5–6 Stunden pro Stunde Interview, bei Gruppeninterviews 8–10 Stunden pro Stunde Interview.

Mit wenigen Vorkehrungen kannst du jedoch den späteren Transkriptionsaufwand deutlich mindern und dir unnötigen Zeitaufwand sparen. In diesem Beitrag geben wir dir einige nützliche Tipps und zeigen dir anhand von Klangbeispielen, wie heftig sich manche Effekte auf die Klangqualität auswirken können.

1. Rumpelnde Tische vermeiden

In der Mitte einer Gesprächsrunde steht häufig ein Tisch. Also bietet es sich an, das Aufnahmegerät dort zu platzieren. Aber Achtung: Wahrscheinlich kennst du den Effekt, wenn man eine schwingende Stimmgabel auf eine Tischplatte stellt? Der Tisch überträgt den Klang und schwingt mit. So ähnlich geht es dem Aufnahmegerät, wenn du es auf dem Tisch platzierst. Papierrascheln, Klopfen, Mitschreiben, ein Beamer oder Notebook in der Nähe, Löffel in Kaffeetassen, Wasser eingießen … All diese Geräusche werden direkt auf das Aufnahmegerät übertragen. Selbst wenn man sie während des Gespräches nicht explizit wahrnimmt – das Aufnahmegerät hält sie alle fest. Und sich diese nachher anzuhören, ist wirklich unangenehm. Unser Lösungsvorschlag:

  • Verwende ein Mini-Stativ oder positioniere das Aufnahmegerät auf einem Buch, einem Pulli, einer Mütze o.Ä., um Vibrationen des Tisches (Schreiben, Klopfen) abzufangen.
  • Wenn Geschirr unvermeidbar ist, achte darauf, dass das Aufnahmegerät möglichst nicht in der Nähe von klappernden Tassen liegt.
  • Keinen Beamer o.Ä. in der Nähe stehen lassen.

Hier hörst du Papierrascheln und hektische Notizen des Schriftführers auf dem Tisch – DM-650 auf dem Tisch (download)
Und so hört es sich mit einem Stativ an – LS-12 auf Stativ (download)

2. Aussteuerung und Format richtig wählen

Um eine Gruppe möglichst gut aufzuzeichnen, sind das richtige Aufnahmegerät und die daran vorgenommenen Einstellungen mit die wichtigsten Faktoren. Beachte bitte:

  • Wenn dein Gerät eine manuelle Aussteuerung unterstützt, schalte diese ein und pegle sie gut aus. Wenn du dir nicht sicher bist: lieber zu leise aussteuern. Die Aufnahmen können später mit Audacity oder MP3Gain ausgepegelt (lauter gemacht) werden. Einmal zu laut und damit übersteuert – und die Aufnahme ist nahezu unwiderbringlich unangenehm beim Abhören.
  • Das Aufnahmeformat sollte .mp3 sein, und die Bitraten sollten zwischen 192 und 320 kB/s liegen. Bitte kein .wma, .dss und/oder .m4a verwenden! Die meisten Aufnahmegeräte, z.B. Philips DVT 4000, Olympus DM-650 und/oder LS-12, unterstützen von Haus aus verschiedene Bitraten im mp3-Modus. Falls du die Wahl hast, bitte immer eine feste und nicht variable Bitrate wählen. Letztere kann bei Nutzung von Transkriptionsprogrammen zu abweichenden Zeitmarken führen und das Nachhören bzw. Korrigieren von Transkripten erschweren.

Hier hörst du ein Beispiel im m4a-Format (Smartphone) – iPhone (download)
Und hier ein mp3 derselben Situation – LS-12 (download)

3. Ruhe bitte – der Raum klingt mit

Die Wahl des Ortes bzw. Raumes ist äußerst relevant. So gemütlich ein Biergarten ist – mit seinen vielen Nebengeräuschen ist er für eine Gruppenaufnahme eine der ungeeignetsten Örtlichkeiten für die Durchführung einer halbwegs effizienten Transkription. Ebenso solltest du sehr große, hallige Räume meiden. Spätestens wenn Teilnehmer gleichzeitig sprechen, kann nur noch ein „Stimmenbrei“ aufgezeichnet werden, eine Aufschlüsselung wird dadurch erschwert. Fast genauso wichtig ist es, die Situation dahingehend zu beeinflussen, dass Nebengeräusche wie Straßenlärm durch offene Fenster oder Nachbarräume nicht mit aufgezeichnet werden. Daher:

  • Schließe die Fenster und Türen und lüfte möglichst nur phasenweise.
  • Vermeide Außenaufnahmen bzw. verwende, falls sie sich nicht vermeiden lassen, unbedingt einen Fellwindschutz und manuelle Aussteuerung.
  • Sorge für eine ruhige Umgebung. Schädlich sind Gespräche im Hintergrund oder z.B. Café-Atmosphäre.
  • Wähle einen der Größe der Gruppe angemessenen Raum mit möglichst wenig Hall (Teppich, Vorhänge oder ein vollgestellter Raum sind von Vorteil).
  • Achte darauf, leise Sprecher nicht zu weit entfernt vom Aufnahmegerät zu platzieren.

Gesprächsführung unterstützt

Wenn du nun die Vorplanung für die Aufzeichnung des Gruppengespräches getroffen hast, kannst du am Tag der Aufnahme noch einiges leisten, um das spätere Abtippen möglichst angenehm zu gestalten. Das gilt besonders, wenn die Sprecher durchgehend identifiziert und gekennzeichnet werden sollen (also Anna immer als B1, Peter immer als B2 usw.). Aus unserer Erfahrung im Transkriptionsservice können wir folgende Hinweise geben:

  • Bitte die Teilnehmer, sich reihum mit Namen und Funktion kurz vorzustellen: Die Aufnahme liefert dann Referenzpunkte, die die spätere Sprecheridentifizierung erleichtern können (gerade bei Fremdvergabe sehr wichtig).
  • Fertige einen Sitzplan an, um später anhand der Position des Aufnahmegerätes, der Moderatoren/Interviewer und der übrigen Personen Stimmen auf der Aufnahme besser lokalisieren zu können.
  • „Luxus“-Option: Notiere in einer Rednerliste, in welcher Reihenfolge die Personen sich äußern. ACHTUNG: Dies ist nur nützlich, wenn es konsequent und engmaschig genug durchgeführt wird.
  • Sofern es das Thema und/oder die Forschungsfrage zulässt, moderiere das Gespräch, um Überlappungen und vor allem „wildes“ Durcheinandersprechen zu minimieren.
  • Ist die Gruppe größer, verwende ein zweites Aufnahmegerät und lasse es parallel aufnehmen. So kannst du eventuell unverständliche Passagen (aus einem anderen Winkel) nachhören.

Hier ein Beispiel für eine solche Moderation – DM-650 auf dem Tisch (download)

Hier noch einmal alle Aufnahmen zum Vergleich

Für die nachfolgenden Probeaufnahmen haben wir uns für vier unterschiedliche Aufnahmegeräte entschieden, die häufig genutzt werden. Olympus DM-650 (automatische Aussteuerung), ein Olympus DS-7000 (Diktiergerät im dss-Format), iPhone 5S (m4a-Format) und ein LS-12 (manuelle Aussteuerung und auf einem Stativ angebracht). Das Sony PCM-D100 haben wir als Referenz für sehr hochwertige und vergleichsweise kostspielige Aufnahmen genutzt.

Bei den ersten Klangbeispielen sind viele Nebengeräusche zu hören und die Sprecher fallen sich oft ins Wort. Das zweite Gruppendiskussionsbeispiel ist eine geführte Moderation. Welche Unterschiede hörst du in den Aufnahmen? Was empfindest du als störend?

„Geordnete“ Diskussion

„Lebhafte“ Diskussion

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